Wo liegt die Ursache der reduktionistischen Sichtweise auf die natürlichen Verhältnisse in den menschlichen Gesellschaften?
Hier werden vielfach die Begründungen einer natürlichen Katastrophe und eine sich daraus ergebende Machtergreifung durch die Männer postuliert (Verkehrung - Patriarchatskritik). Das erscheint uns als sehr unwahrscheinlich, da gerade in solchen lebensbedrohlichen Situationen ein kooperativer Zusammenhalt und nicht Gewalt und Machtstrukturen ein Überleben sichern.
War es dann eher ein materieller Überfluß in den Gemeinschaften und der damit verbundenen Möglichkeit der Herausbildung von Eigentum, die die Auflösung der natürlichen Gemeinschaft begünstigte?
Gerhard Bott bietet im zweiten Band "Die Erfindung der Götter" eine plausible Theorie zu dieser Frage an. Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus den archäologischen Forschungen in Catal Höyük beschreibt Bott, wie es durch die Rinder-Domestikation, die spätere Zucht und die damit verbundenen Eigentumsfragen zur Auflösung der alten natürlichen Gemeinschaften kam.
Diese Veränderung der Sozialstruktur führte zu einem Aufbrechen des Eingebunden-Sein des Menschen (Natur - Revier). Der Mensch ist wie jede lebende Gattung in einem biologischen Kontext eigebunden und das Agieren in diesem sichert ihm die optimale Entfaltung im Lebensraum.
An die Stelle des natürlichen Verwoben-Seins trat nun das Eigentum als angebliche Sicherheit und Orientierung. Darin sucht der Mensch jetzt seine Lebens-Sinn.
Durch das Eigentum wurde auch die Frage des Erhalts dieses wachsenden Reichtums immer wichtiger. Es erfolgte eine soziale Neu-Strukturierung der Gemeinschaft weg von den natürlichen Grundlagen, die auch den Austausch zwischen den einzelnen menschlichen Gemeinschaften in sinnvoller Weise regelte, hin zu einer künstlichen Struktur diktiert durch die Bedingungen des Privateigentums und der sich daraus ergebenden Konkurrenz. Diese Entwicklung führte hin zur Paarungsfamilie als Wirtschaftseinheit (siehe Gerhard Bott "Die Erfindung der Götter" Band 1). Das führt im Laufe der Zivilisation zu einer fortschreitenden Zerstörung gemeinschaftlicher Strukturen und damit der Atomisierung des Menschen.
Das ist der entscheidende Wendepunkt. Durch den Zerfall der Strukturen der natürlichen Gemeinschaft und dem damit verbundenen Verlust des Aufgehoben-Sein verliert der Mensch sein natürliches Revier und damit die Möglichkeit des Reifens. Er wird damit zu einem Bedürftigen der ständig nach Sicherheit sucht. Daraus ergibt sich der Zwang zu einer immer stärkeren Betonung der Rationalität im Denken und Empfinden.
Hier beginnt auch die willkürliche Aneignung und Ausbeutung von fremder Lebensenergie (dazu gehört neben den Menschen auch die Ausbeutung von Natur-Ressourcen und die Tier-Zucht) zur Erhöhung des Wohlstandes von einzelnen Menschen oder Gruppen. Sie zerstörte zwangsläufig immer weiter die natürliche Ordnung, in denen das Leben und das Wohl der Gesamtheit das Grundprinzip bildete.
Mit der Auflösung der sozialen Kooperation wurde ein ständiger Kampf der einzelnen Wirtschaftseinheiten – die Paarungsfamilie als Wirtschaftseinheit – und auch deren einzelnen Individuen untereinander in Gang gesetzt. Dieser Mechanismus wird heute lapidar als Wettbewerb oder Konkurrenz bezeichnet und durchzieht alle gesellschaftlichen Bereiche bis hin zum Naturverständnis (Darwin).
Er verlangt eine immer stärkere Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und beschleunigt damit die Zerstörung von Mensch und Natur. Damit beschränkt der Mensch seine eigene Umweltresonanz und die Möglichkeiten seines eigenen Reife-Prozesses.
In Folge dieser Entwicklung bildeten sich Gesellschaften in denen der Mann dominierte und auch eine direkte und brutale Gewalt gegenüber der Frau ausführte. Diese Gewalt ist aber, wie alle anderen Erscheinungen dieser Zivilisation - wie Gier, Aggression, systematische Gewalt usw. - nicht der Grund sondern eine Folge der Aneignung. Diese Herrschafts-Struktur löst auch für den Mann die biologische Gemeinschaft als Schutzraum seiner Existenz auf. Es führt ihn somit selbst in die Knechtschaft des ständigen Überlebens-Kampfes.
Der damit einsetzende Prozess wird heute als zivilisatorische Entwicklung der Menschheit gefeiert. Er zog eine Spur der Verwüstung und der Gewalt nach sich. Es ist die Zivilisation der Aneignung, die alle Menschen ihrer natürlichen Lebensweise beraubt hat. Dies hat Konsequenzen bis zur persönlichen Gesundheit. Diese werden im Abschnitt Sinnvolle Biologische Sonderprogramme beschrieben.
Für die Aufrechterhaltung natürlicher Gemeinschaften sind Ideologien nicht notwendig. Aus der Verbindung mit dem Urgrund des Lebens und untereinander entstehen auf natürliche Weise gemeinschaftliche Strukturen und darin wirken dann auch die Prinzipien ihrer Aneignung lebenserhaltend und entfaltend.
Die meisten Menschen bemerken nicht, dass ihnen eine Sichtweise eingepflanzt wurde und wird, die ihrem Wesen völlig widerspricht.
Der Mensch wurde zu einem atomisierten Einzelwesen degradiert. Als solches ist er manipulierbar, er folgt Autoritäten, er funktioniert,
seine Intuition wird mehr und mehr überdeckt. Dieser Zustand wird einfach als "Norm der Normalität" hingenommen.
Die Menschen tragen jedoch allesamt einen "biologischen Code" in sich, der ihr natürliches Zusammenleben regeln würde und auf den sie sich immer wieder rück-besinnen können.
"Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drei und Eins, und Eins und Drei
Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.
So schwätzt und lehrt man ungestört;
Wer will sich mit den Narr´n befassen?
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen."
Johann Wolfgang Goethe, Faust, der Tragödie Erster Teil